Du sitzt im Coaching-Gespräch und merkst: Da ist etwas, was sich nicht greifen lässt. Ein Gefühl, ein Gedanke, der immer wieder wegflutscht, sobald du ihn aussprechen willst. Kennst du das?
Manchmal brauchen unsere tiefsten Erkenntnisse nicht unsere Stimme – sondern unsere Hand. Den Stift. Das Papier. Die Ruhe, die entsteht, wenn Gedanken zu Worten werden und Worte zu Klarheit.
Journaling im Coaching ist kein nettes Beiwerk. Es ist oft der Schlüssel zu dem, was wirklich zählt: echter Selbsterkenntnis. Und das Schöne daran? Du musst kein Schreibtalent sein. Du musst nur bereit sein, hinzuschauen.
Was ist Journaling – und was macht es mit uns?
Journaling ist mehr als Tagebuch schreiben. Es ist ein bewusster Dialog mit dir selbst – strukturiert, fokussiert und mit einer klaren Absicht. Während beim klassischen Tagebuch oft der Tag reflektiert wird, geht es beim Journaling um gezielte Selbsterforschung.
Was passiert dabei in unserem Kopf? Wenn wir schreiben, verlangsamen sich unsere Gedanken. Sie müssen durch die Hand, werden sortiert, bekommen eine Reihenfolge. Das Gehirn arbeitet anders als beim Sprechen – bewusster, strukturierter.
Und da liegt der Zauber: Beim Schreiben entdecken wir oft Dinge über uns, die wir im Gespräch nie ausgesprochen hätten. Weil sie zu leise, zu verletzlich oder zu überraschend sind. Das Papier urteilt nicht. Es wartet einfach.
Dein Unterbewusstsein hat endlich Raum, sich zu zeigen. Ohne Unterbrechung, ohne sofortige Antwort von außen. Nur du und deine Wahrheit.
Warum Journaling perfekt ins Coaching passt
Coaching will Veränderung – und Veränderung braucht Bewusstsein. Hier sind drei Gründe, warum Journaling und Coaching wie füreinander gemacht sind:
Selbstwahrnehmung stärken
Im Coaching-Gespräch reagierst du oft spontan auf Fragen. Beim Journaling hast du Zeit. Zeit, wirklich in dich hineinzuspüren. „Wie geht es mir eigentlich gerade?“ wird zu einer echten Erkundungsreise, nicht zu einer Schnellantwort.
Muster erkennen
Wiederkehrende Gedanken, Reaktionen oder Gefühle werden beim regelmäßigen Schreiben sichtbar. „Ach, schon wieder diese Angst vor…“ oder „Interessant, dass ich immer dann…“ – diese Erkenntnisse entstehen oft erst durch das geschriebene Wort.
Klarheit schaffen
Manchmal ist in unserem Kopf ein Durcheinander aus Gedanken, Gefühlen und Ideen. Journaling ist wie Aufräumen – du sortierst, was zusammengehört, und erkennst, was wirklich wichtig ist. Am Ende steht oft eine Klarheit, die dich selbst überrascht.
3 kraftvolle Einsatzmöglichkeiten im Coaching
1. Journaling als Start-Reflexion
Bevor das eigentliche Coaching beginnt, schreibst du 5-10 Minuten zu einer einfachen Frage: „Wo stehe ich gerade?“ oder „Was beschäftigt mich heute wirklich?“
Das hat zwei Vorteile: Du kommst bei dir an und gibst deinem Coach (oder dir selbst) einen ehrlichen Einblick in deinen momentanen Zustand. Oft kommen dabei Themen hoch, die du gar nicht auf dem Schirm hattest.
2. Journaling als Prozessbegleiter
Zwischen den Coaching-Sessions passiert das echte Leben. Und dort entstehen oft die wichtigsten Erkenntnisse. Ein Journaling-Ritual zwischen den Terminen hält den Coaching-Prozess lebendig.
Mögliche Impulse:
- „Was habe ich heute über mich gelernt?“
- „Wo habe ich mein neues Verhalten ausprobiert?“
- „Welche alten Muster sind mir heute begegnet?“
So wird Coaching nicht zu einem isolierten Termin, sondern zu einem lebendigen Prozess.
3. Journaling zur Zielklärung und Integration
Am Ende einer Coaching-Phase ist Journaling wie ein Anker. Du schreibst auf, was du gelernt hast, welche Veränderungen du spürst und welche nächsten Schritte anstehen.
Diese schriftliche Integration sorgt dafür, dass deine Erkenntnisse nicht im Alltag verschwinden. Sie werden zu einem Teil von dir, den du jederzeit wieder abrufen kannst.
Typische Fragen & Journaling-Impulse im Coaching
Die richtigen Fragen können Türen öffnen, von denen du nicht wusstest, dass sie existieren. Hier sind zehn kraftvolle Journaling-Impulse für mehr Selbstverbindung:
- Was will heute durch mich gelebt werden?
- Wovon will ich mich heute verabschieden?
- Was macht mich gerade unsicher – und was steckt dahinter?
- Wenn ich mir selbst als bester Freund begegnen würde – was würde ich mir raten?
- Welcher Teil von mir will gerade besonders gesehen werden?
- Wofür bin ich heute dankbar – auch für das Schwere?
- Was würde ich tun, wenn ich keine Angst hätte?
- Welches alte Muster darf heute gehen?
- Was brauche ich, um mir selbst näher zu kommen?
- Wenn mein Leben ein Buch wäre – welches Kapitel schreibe ich gerade?
Tipp: Nimm dir nicht alle Fragen auf einmal vor. Eine einzige Frage kann dich eine halbe Stunde beschäftigen – und genau das ist der Punkt. Gehe in die Tiefe statt in die Breite.
Selbstcoaching mit Journaling – geht das?
Ja – und wie! Journaling ist eines der mächtigsten Selbstcoaching-Tools überhaupt. Du brauchst nur Struktur und Achtsamkeit.
Die Struktur: Regelmäßigkeit ist wichtiger als Perfektion. Lieber täglich zehn Minuten als einmal pro Woche eine Stunde. Und: Hab einen festen Platz und eine feste Zeit dafür.
Die Achtsamkeit: Schreibe nicht nur runter, was dir einfällt. Lies nach einer Weile deine Einträge wieder. Was fällt dir auf? Welche Themen kommen immer wieder? Was überrascht dich?
Wichtig: Selbstcoaching mit Journaling ersetzt nicht immer ein professionelles Coaching. Bei tieferen Themen oder Blockaden ist externe Begleitung wertvoll. Aber für die tägliche Selbstreflexion und persönliche Weiterentwicklung? Da ist Journaling unschlagbar.
Hier ein kleiner Start-Rahmen für dich:
- Morgens: „Was will heute gelebt werden?“
- Abends: „Was habe ich heute über mich gelernt?“
- Wöchentlich: „Welches Muster ist mir diese Woche begegnet?“
Fazit: Journaling ist mehr als Schreiben – es ist Selbsterkenntnis in Reinform
Wenn du das nächste Mal das Gefühl hast, dass da etwas in dir ist, was sich nicht greifen lässt – nimm einen Stift. Gib deinen Gedanken Raum auf dem Papier. Lass sie zu Worten werden.
Journaling im Coaching ist keine Technik – es ist eine Begegnung mit dir selbst. Eine, die oft überraschender, ehrlicher und heilsamer ist als jedes Gespräch.
Du brauchst keinen perfekten Plan, keine schönen Sätze, kein teures Notizbuch. Du brauchst nur die Bereitschaft, hinzuschauen. Und zu schreiben, was da ist.
Steckst du gerade in einem Thema fest? ✍️ Dann schnapp dir einen Stift und probiere eine der Fragen aus diesem Artikel aus. Manchmal liegt die Antwort schon in dir – sie wartet nur darauf, geschrieben zu werden.